Der Fall Bernburg

“Psychiatrische Diagnose war ihr Todesurteil”

Inschrift
Von der ganzen Welt kommen wir hier zusammen, um diese Erinnerungstafel dem Andenken an alle von Ärzten und von Psychiatern in Deutschland, Österreich und in Polen von 1939 bis 1948 Ermordeten zu widmen.

Eine psychiatrische Diagnose war ihr Todesurteil.
In Erinnerung an diese vergangenen Opfer müssen wir erkennen, daß auch heute noch weltweit staatliche Gewalt die Verletzung der Menschenrechte durch zwangspsychiatrische Gesetze und Praktiken deckt.

Unser Widerstand wird weitergehen, bis für alle Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundrechte auf Leben, Freiheit und menschliche Würde verwirklicht sind..


2. Mai Gedenktag mit Einweihung der

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Gedenktafel im Raum der Verbrennungsöfen

Ansprache von Hagai Aviel

An diesem 2. Mai jährt sich zum 6. Mal der Jahrestag des Urteils des Foucault-Tribunals, in dem zum ersten Mal der Psychiatrie von denen, die sie verfolgte, ein öffentlicher Prozess gemacht wurde.
Die Idee, einen Tag der Erinnerung und des Widerstandes ins Leben zu rufen, wurde in Berlin geboren, danach in Deutschland und seit letztem Jahr von Gruppen weltweit aufgegriffen.
Heute sind wir hier in der Gedenkstätte der psychiatrischen Anstalt von Bernburg, Deutschland, gleich neben der Gaskammer. Dies ist eine der sechs psychiatrischen Anstalten, in denen deutsche Ärzte 1940 die Mordfabriken anlaufen ließen. Von 1940 bis 1941 wurden Gruppen psychiatrischer Gefangener von verschiedenen Anstalten und von 1941 bis 1943 Gruppen von Juden aus Konzentrationslagern, die von Ärzten ausgewählt wurden, in dieses Krankenhaus gebracht, um sie hier umzubringen.
Die Ärzte sind das „Missing Link” zwischen psychiatrischer Diskriminierung und rassistischer Ideologie und dem Genozid von 1939 bis 1948 - einer radikalen Biologisierung der Politik: bestimmten Gruppen in der Gesellschaft wurde aufgrund medizinisch-biologischer Zuschreibungen der rechtliche Status von Menschen abgesprochen.
Das Ziel der Ärzte war, ihren Opfern jede Zukunft abzuschneiden, zunächst durch die gewaltsamen Eingriffe der Zwangssterilisation und indem sie die Opfer mit der Behauptung entmenschlichten, sie seien angeblich biologisch unwertes Leben, und dann als Beschleunigung des Prozesses durch Massenmord in den Gaskammern.
Unser Ziel ist es, die Erinnerung zu einem aktiven Werkzeug zu machen, um die Moral der unterdrückten Gruppen in ihrem Kampf um die Wiedererlangung ihrer Menschenrechte und ihrer menschlichen Würde aufzubauen und um eine Verbindung zwischen uns, lebenden Menschenrechts-Aktivisten, und den ermordeten Opfern der Psychiatrie zu schmieden.
Wenn es zugelasssen werden sollte, dass Erinnerung dazu verwendet wird, nur ein obszönes Guckloch in ein Horrorkabinett bereitzustellen, würde sie dazu dienen, die Schuld der Täter zu verdecken und den Opfern weiter ihre Würde zu verweigern. Diese Erinnerung dient nur dazu, das Vergessen zu gewährleisten.
Wir bitten um fünf Minuten Schweigen.

Weitere Informationen sowie Bilder und Videofilm unter:
http://www.freedom-of-thought.de/may2

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